Warum berquerte das Huhn die Strae? II
Nra 2007.11.21. 18:49
Eine lebenswichtige Frage... :) Fortsetzung
Beatles, Band
Obladi, oblada, unser Huhn ist wieder da.
Elvis, the Pelvis:
You’re the chicken in disguise.
Trini Lopez, Amerikaner
This chicken is your chicken, this chicken is my chicken
This chicken belongs to you and me
As I went rollin'
That river of a highway
I saw before me that lonely chicken
Yes, this chicken belongs to you and me
Franz von Assisi, Heiliger
Ich wollte ihm doch blo eine kurze Predigt halten.
Thomas Gottschalk, Showman:
Wetten, dass es das Huhn geschafft hat, die Strae zu berqueren?
Jack London, Abenteurer:
Es folgte dem Ruf der Wildnis.
Pink Floyd, Band:
Dark Side of the Hoon.
Freddie Mercury, Queen
We will, we will chicken you!
Wolfgang Amadeus Mozart, Gttlicher:
Cosi fan tutte!
Kolumbus, Seefahrer:
Das Huhn wollte den Asphaltweg nach dem West End entdecken. Es war schon 71 Tage auf dem Teer. Da krhte am 12. Oktober um drei Uhr morgens der Hahn der „Pinta“. Dies war das verabredete Zeichen: Randstein in Sicht!
Marlene Dietrich, blauer Engel:
Sag mir, wo die Hhner sind,
wo sind sie geblieben?
Die Strae querten sie geschwind,
ber Asphalt weht der Wind.
Wilhelm II., Kaiser
Weil es zurck sein wollte, bevor im Herbst die Bltter fallen.
Johannes Mario Simmel, Trivi:
Es muss nicht immer Chicken curry sein...
Woody Allan, Neurotiker:
Mach’s noch einmal, Huhn.
Pawlow, Physiologe
Wegen eines bedingten Reflexes.
Maria Montessori, Pdagogin
Ganz selbstttig wollte es in den Hhnergarten gehen.
Konrad Lorenz, Verhaltensforscher:
Ich ging voran. brigens war es kein Huhn, sondern eine Graugans.
OO7, Agent:
Sein Name ist Huhn, James Huhn.
Britney Spears, Pop-Gre
Oops! It did it again.
Erich von Dniken, Irdischer:
Wie immer, wenn Auerirdische im Spiel sind, ignoriert die etablierte Wissenschaft die Fakten. Haben Sie nicht die kleinen Antennen am Kamm des Huhnes bemerkt?
Augustus, Kaiser:
Varus, Varus, gib mir mein Hhnchen wieder!
Andy Warhol, Pop-Artist
Weil es ein Suppenhuhn war und zu Cambell’s auf der andern Straenseite wollte.
Houston, Control:
Das Huhn hat ein Problem.
Ren Descartes, Denker:
Es berquert, deshalb ist es.
Meat Loaf, Stimmwunder:
Chicken out of Hell.
Netscape, Navigator:
0.5 of 1.7 MB, downloading "chicken" from location "www.otherroadside.com", 29% complete.
Gnter Wallraff, alias das Huhn Bibi
Sicher, ich war nicht wirklich ein Huhn. Aber um fr mein Buch „Ganz drben“ zu recherchieren, um die Diskriminierung des Huhnes bei der Straenberquerung zu demaskieren, musste ich mich als Huhn Bibi verkleiden.
Stephen King, Unheimlicher:
Das Huhn kann ja nicht wissen, dass auf der andern Seite eine Katze wartet, die alles andere als eine gewhnliche Katze ist.
Lorenz Derungs, Deutschlehrer:
Das Huhn ist das Subjekt, berquerte das Prdikat, die Strae das Akkusativobjekt. Der Satz steht im Prteritum, welches auch Imperfekt genannt wird. Dass das Verb im Prteritum und nicht im Perfekt steht, ist eigentlich nicht ganz korrekt, denn bei vollendeter Handlung steht im Deutschen eher das Perfekt: Warum hat das Huhn die Strae berquert? Denn wir wollen ja wohl annehmen, dass es heil auf der anderen Straenseite angekommen ist, dass es seine Handlung also vollendet, „perfekt“ gemacht hat. Knnen wir daraus schlieen, dass der Satz eher im norddeutschen Raum entstanden ist, wo man dem Prteritum (oder Imperfekt, wie man die unvollendete Vergangenheitsform auch noch nennt) den Vorzug gibt? Interessant ist, dass man im Hochalemannischen das Prteritum (Imperfekt) berhaupt nicht braucht. So kann das Schweizerdeutsche nur sagen:„Ds Huehn het d’Schtraas berqueert“. Eine weitere Erklrung wre folgende: Der Satz ist eine bersetzung aus dem amerikanischen Englisch. hnlich wie der Gebrauch des deutschen Prteritums von Norden nach Sden abnimmt, nimmt die Beliebtheit der Past Tense (Preterit) von Old England im Osten nach dem Westen zu; wer in Kalifornien dauernd im Perfekt spricht, gilt als „Has-been“, als jemand von Gestern. So knnte also dieser Satz vom straenberquerenden Huhn in Kalifornien entstanden sein (Why did the chicken cross the road?) und htte – hnlich wie Flower-Power und unzhlige andere Moden und Bewegungen – von dort aus seinen Gang oder besser gesagt seinen Flug um die Welt gemacht. Ich wei, ich wei, Hhner knnen nicht wirklich fliegen – ihr Geflatter wrde nie ausreichen, um wie ein Zugvogel ein Weltmeer zu berqueren. Ich meine das Fliegen eher im bertragenen Sinn, das Satzgebilde vom Huhn ist virtuell geflogen, per World Wide Web, und ist dann von irgendeinem Internet-Surfer irgendwo im Raume Flensburg - Osnabrck - Dresden bersetzt, auf seine Homepage gesetzt und so auf Deutsch weiterverbreitet worden. Wenn wir den deutschen Satz im Prteritum auf eine Suchmaschine wie Google eintippen, erhalten wir ber tausend Treffer. Schreiben wir den Satz im Perfekt, gibt es knapp hundert Treffer. --- Um zur Grammatik zurckzukehren: Der Satz ist eine so genannte Ergnzungsfrage, das heit, er ist eine durch ein Fragewort eingeleitete Frage, deren Beantwortung dann mittels eines Teilsatzes erfolgt, und nicht mit ja oder nein wie in der Entscheidungsfrage. Zu den einzelnen Wrtern dieses Satzes wre noch einiges zu berichten. „Das“ ist der schliche bestimmte Artikel. brigens wird unsinnigerweise in einigen neuen Schulbchern das „das“ den Pronomen zugeordnet, wohl in der etwas naiven Absicht, Grammatik (neu: Sprachbetrachtung) einfacher zu machen. In der Praxis werden die Lernenden damit blo verunsichert (dieses Phnomen, etwas vereinfachen zu wollen, es in Tat und Wahrheit aber zu verkomplizieren, ist eine Krankheit unserer Zeit und hat sich am Beispiel der letzten Rechtschreibereform unschn gezeigt). Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, beim Artikel! Die Rmer hatten es da besser, das Latein kannte nmlich keinen Artikel. Der Artikel ist aus dem Demonstrativpronomen hervorgegangen, die Verwandtschaft von die und diese ist offensichtlich. Der Artikel ist ein Begleiter des Substantivs. Wir nennen das Substantiv meist Nomen. Es ist eine eigenartige Erscheinung, dass Sachen mnnlich oder weiblich sein knnen. Dies gibt keinen rechten Sinn, insbesondere wenn wir daran denken, dass der Mond im Franzsischen la lune heit und die Sonne le soleil. Doch bei unserem Federvieh geht die Sache auf: Huhn als Oberbegriff ist ein Neutrum, die Henne ist ein Femininum, der Hahn (oder Gockel) ein Maskulinum, das Junge sehr richtig ein Neutrum, denn, laut Geflgelzchter, ist es uerst schwierig, bei frisch geschlpften Kken das Geschlecht zu bestimmen, das mssen speziell dafr ausgebildete Leute machen, die auf der Hhnerfarm sogleich nach der Geburt die mnnlichen Kken ausscheiden und in einen Schredder werfen, wogegen die weiblichen Kken zum Batteriehuhn aufwachsen drfen oder eher mssen. Das Wort Huhn ist ein einsilbiges Wort, ein konkretes Nomen und es wird stark flektiert, gehrt also der s-Deklination an. Laut dem Etymologischen Wrterbuch von Friedrich Kluge geht es auf das althochdeutsche und mittelhochdeutsche „huon“ zurck, das „dem Hahn zugehrig“ bedeutet. Hahn hie im Althochdeutschen hano, was eine Substantivierung der indogermanischen Wurzel kan- (singen, klingen, tnen) ist (Verwandtschaft mit Kantor, Kantate, Chanson etc). Hahn heit also ursprnglich „Snger“. Zum Wort Huhn gbe es noch viel zu sagen, z.B. wie es in anderen Sprachen heit: la poule, il pollo, la gallina als Beispiele von romanischen Sprachen, im Serbokroatischen wre es ein „kokos“, was sicher ein lautmalerisches Wort ist, hnlich wie unser Gockel, da hren wir ja schon im Wort drin das Gegacker. Im Niederlndischen wiederum, das ja fast eine deutsche Sprache ist, heit es hoen und wird „hun“ ausgesprochen. Das tyuk, das ungarische Huhn, zeigt uns, dass Ungarisch nicht mit den andern europischen Sprachen verwandt ist. Interessant ist das Huhn auch, wenn es gegrillt werden soll: in der Schweiz ist das ein Poulet, in Sddeutschland ein Brathhnchen, weiter nordstlich ein Broiler und in sterreich ein Hendl. bers Huhn knnte man dicke Bcher schreiben und auch viele Bcher lesen. In „Romulus der Groe“ z.B., einer Komdie von Drrenmatt, ergibt sich eine komische Situation, als sich Romulus, der Kaiser von Rom, mit dem gefrchteten germanischen Eroberer Odoaker trifft und sie sich leidenschaftlich ber Hhner unterhalten. „Ein Gesprch ber die Hhnerzucht ist ntzlicher als eines ber Politik.“ Noch haben wir uns nicht ber die anderen Wrter unseres Satzes mit der tiefgreifenden Bedeutung ausgelassen. Und gerade ber das Verb sollten wir sprechen, das wohl wichtigste Element eines Satzes, insbesondere syntaktisch gesehen, denn erstens dreht sich alles um das Verb, was wir mit der Verschiebeprobe ausgezeichnet erkennen knnen, und zweitens knnen wir an der Form, in der das Verb auftritt, vieles erkennen: Person, Zahl, Zeit, Ttigkeit, Geschehen, Zustand, zudem bestimmt das Verb dann auch den Fall eines eventuell folgenden Objekts, wenn dieses nicht zuflligerweise ein Prpositionalobjekt ist. Doch gnnen wir uns hieretwas Erholung. Es lutet in einer Minute zur groen Pause. Wir werden den Satz morgen in der Deutschstunde weiter besprechen, insbesondere wird uns dann die Stilebene der gewhlten Wrter interessieren, ferner die Dramatisierfhigkeit des Satzes („Waaarum, Huhn, berquertest du...? Huhn, ach, warum...? Wrrrum, Huhn, haste...?“), und dann natrlich werden wir den Kontext erschlieen, um schlussendlich den Satz umfassend zu analysieren und unsere persnliche Meinung mit Hilfe einer Mind-Map clusterartig weiterzuentwickeln. Diese halten wir in Gruppenarbeit auf einem Plakat fest. In einer nchsten Stunde werden wir dann in Gruppen diskutieren, um einen abschlieenden Konsens zu finden.
Huhn, Straenberquerer:
Mich fragt natrlich niemand
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